Freitag, 30. November 2012

Eine Reise nach Rodellar


In einem verschlafenen Dorf suchten wir 12 Tage lang aussichtslos nach einem Auto und trockenen Routen. Danach kriegten wir kalte Füsse und kehrten zurück. Doch wie kam es soweit?



In meinem Kopf schlummerte der Gedanke einen Trip ins Ausland zu planen. Ein letztes Mal in diesem Jahr um dem nahenden Winter zu entfliehen. Gerade in diesem Moment erhielt ich einen Anruf von Jonas. Spontan hätte er Zeit um eine kleine Reise zu starten. Bald war ein Ziel gefunden und die Vorfreude stieg stetig an. Vielleicht zeigte sich sogar ein wenig Reisefieber. Denn ausgerechnet ein paar Tage vor dem geplanten Abflug packte mich doch noch eine Erkältung welche bereits seit einigen Wochen in den Studiengebäuden herumirrt. Am 15. November ging es meiner Öko-Bilanz schliesslich an den Kragen. Der Flug nach Barcelona waren meine ersten mit Kerosin betriebenen Reisemeter.

Abenteuer resultiert aus Plänen welche sich an Ort und Stelle in Luft auflösen.

Dort standen wir plötzlich und wussten nicht mehr wie weiter. In der Wartehalle des Flughafens von Barcelona. Wegen einer falschen Annahme konnte die Dame am Schalter den Mietwagen nicht aushändigen obwohl dieser schon bezahlt war. Mit der ausführenden Hand von Vorschriften verhandelten wir ohne Erfolg. Fakt ist, dass es in Spanien kein Auto ohne persönliche Kreditkarte gibt und eine solche haben weder Jonas noch ich. Eine Tatsache welche uns nicht wirklich weiter half. Ziemlich müde suchten wir eine Unterkunft im nahen Stadtgebiet. Dort musste ein neuer Plan geschmiedet werden.

Lost in Barcelona day two: 
Bereits um sechs Uhr sind wir zu unserer Reise aufgebrochen. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sollte es weitergehen. Die dreistündige Busfahrt endete dann in Barbastro. Der letzten grösseren Ortschaft. Nun ging es nur mit dem Taxi weiter. Dank unseren miserablen Sprachkenntnissen eine weitere Challenge auf diesem Weg. Im nahen Supermarkt füllten wir das Taxi mit ordentlich viel Proviant bevor der Fahrer gekonnt in Rekordzeit nach Rodellar heizte. Dort endet die kurvige Strasse. Endstation. Ein abgelegenes Dorf welches sich in einer malerischen Landschaft befindet. Unter der wärmenden Mittagssonne sassen wir nun mitten im Dorf mit zwei Rucksäcken, zwei Reisetaschen und mehreren vollen Plastiktüten. Im Refugio Kalandraka wurden wir dann herzlich empfangen. Da sind wir also. Verloren in Rodellar. Der Nachmittag reichte dann noch aus um die zerstreuten Zustiege ausfindig zu machen. Danach freuten wir uns auf eine erholsame Nacht.



Das Leben in Rodellar:
Wieso waren wir eigentlich hier? Ach ja, zum Klettern. Am nächsten Tag versuchten wir uns ein erstes Mal an den weltberühmten Dächern. Mancherorts konnte aber leider problemlos unter dem tropfenden und versinterten Kalk geduscht werden.
Am zweiten Tag waren sogar noch andere Leute anwesend. Da ein Kletterer der österreichischen Crew sein Projekt durchgestiegen hatte, gab es am Abend eine Runde Bier spendiert. Mit hohem Anfängerglück konnten wir dann die angetrunkenen Österreicher im Billard bezwingen.




Am dritten Klettertag versuchten wir uns im Sektor Gran Boveda. Weil die eindrücklichen Linien stark tropften, suchten wir im linken Teil nach trockenen Abschnitten. Das kurze Dach von „el salto del angel“ forderte bei den Versuchen von Jonas kreative Lösungen. Daneben kämpfte ich in „la kanabica“ (8b) mit nassen Sintern und einem fiesen Abschluss. Im dritten Versuch konnte ich dann den Umlenker klippen.

Die ausgesetzte Terasse von La Palomera bietet kürzere Routen welche jedoch trocken schienen. Am Vorabend rätselten wir noch über den Namen „chuchills for your finguers“ (8a+). Die Antwort kam prompt. Denn die Crux führt über sehr agressive und wasserzerfressene Sinterstrukturen. Aua! Zwei Versuche benötigten Jonas und Ich für die maximalkräftige Route. Nun folgten wir der Melodie von Manu Chao. Der gelbe Fels von „welcome to tijuana“ war trocken und die Route heftig kurz. Eine gute Möglichkeit sich auszupowern. Scheinbar spazierte bereits das Kletter-Barbie mit einem Lächeln durch diesen Überhang. Wieder einmal sind wir also zu schwach oder haben schlichtweg die falsche Lieblingsfarbe. Aber wer klein und leicht ist kann sich leicht Leisten leisten.  Oder nicht?

Novemberwetter...

Es war deutlich spürbar dass wir uns schon im späten November befinden. Am Morgen blieb es lange sehr kühl und die Sonne wärmte nur schwach. Das Programm für den heutigen Ruhetag stand bald fest. Die Reise an den schönsten Ort von Rodellar sollte ideal für die aktive Erholung sein. Denn um zum Sektor Piscinetta zu gelangen gibt der Führer etwa 1h15min. an. Über eine langgezogene Krete erreichten wir eine Hochebene von der wir  eine herrliche Aussicht genossen. Über diese Ebene stiegen wir in die nächste Schlucht hinab. Dieser Canyon ist eindrücklich. Viele tiefe Becken und malerische Flussufer zeigten sich uns. Durch die hohen Wände liegt jedoch den ganzen Tag Schatten an diesem Ort. Um zum Sektor zu gelangen muss zweimal der Bach überquert werden. Diese Kneipp-Kur liessen wir uns nicht entgehen weshalb wir bis zu den Knien im Wasser standen. Bei der aktuellen Jahreszeit schon ein wenig motiviert. Die Wand sah eindrücklich aus. Um die riesige Muschel mit vielen Sintern durchzusteigen, müssen jeweils etwa 50 Meter absolviert werden. Mit gefrorenen Zehen kehrten wir zurück auf das Plateau um die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu geniessen. Auch nach dem kurzen Anstieg blieben die Zehen kalt. Nach dieser Rundwanderung kam die warme Dusche gerade recht.

Der Weg über die Hochebene...

Die ausladenden Dächer des Sektors Las Ventanas sind eindrücklich. Bereits am ersten Tag versuchte ich mich an der Route „botanics“ (8b). Ein horizontales Dach mit Fussklemmer in luftiger Höhe wirkte aber noch ein wenig beängstigend. Am dritten Tag in der Route kämpfte ich mich ganze dreimal hoch um ganz am Ende abzutropfen. Derweilen wurde das Wetter immer unangenehmer und die nassen Griffe nur unwesentlich trockener. Ein Versuch blieb mir noch am nächsten Tag. An diesem zog ich durch die rund 40 Moves von „botanics“ (8b). Die Route abzubauen war dann praktisch genauso anstrengend.

Wegen des drohenden Regentages entschieden wir uns für einen dritten Klettertag in Folge. Im schönen Sektor Pince sans rire suchten wir einen sonnigen Platz. Die beiden Routen „akelarre extension“ (8a) sowie „gracias fina“ (8a) kletterte ich jeweils im zweiten Go und kann ich nur empfehlen. Deren Steilheit war im Gegensatz zu den meisten Routen entspannend. Die Route „piton“ welche horizontal durch die Kuppel zieht muss nicht unbedingt sein. Dort springt man von Henkel zu Henkel welche mit Sika befestigt sind. Dazu drehen die Bolts und die alten Karabiner knirschen. Dafür haben wir einfach keine Nerven.

Am letzten Ruhetag kam der Regen. Die ganze Zeit hielt dieser an und die Temperaturen fielen tiefer und tiefer. Die Wassermenge machte sich am Tag darauf bemerkbar. Nun mussten wir den Bach mehrmals Barfuss überqueren. Die Kneipp-Kur wirkte weshalb die Füsse mal froren bevor sie wieder zu glühen begannen. Bei dieser Wanderung fanden wir in praktisch allen Wänden neue nasse Flecken. Mist! Nach zwei Stunden herumlaufen blieb uns nur noch der Sektor Egocentrismo. Die geschichteten Überhänge bieten triviale Kletterei für Grobmotoriker. Trainingshalber kletterte ich also noch zwei 7c+ und zwei 7c Routen. Mehr war an diesem Tag schlichtweg nicht möglich. Im Refugio angekommen fühlten wir uns dann wie nach einem Skitag. Die Wärme des Holzoffen wirkte beinahe betäubend. Ein letzter Abend im Kalandraka mit der obligaten Runde Billard rundete diesen Trip ab.
Ganz zu meinem Erstaunen zeigten sich auch bei der Abreise die öffentlichen Verkehrsmittel als verlässlich. Um 5.30 fuhren wir mit dem Taxi in Rodellar ab. 12 Stunden später war ich in Büetigen. Jonas nutzte seine Ferien und reiste weiter nach Margalef. Immer noch ohne Auto wird es ihm dabei sicherlich nicht langweilig.



Kalandraka
   

Fazit:
Auch im Kletterparadies gibt es scheinbar Winter und feuchte Luft. 
Ohne Kreditkarte geht nix. 
Spanische Sinter tropfen leider genauso stark.  
Unsere Bizepse sind zu klein und die Haare zu wenig verfilzt und  zum Geburtstag wünsche ich mir einen Sprachkurs bei der Migros. 

Es bleibt die erfreuliche Nachricht, dass Rodellar zu einem ÖV-tauglichen Gebiet gehört. Davon gibt es wohl nicht so viele in Spanien.

Samstag, 10. November 2012

CarnavalCassebrasContest


Fasnachtstreiben, Bouldern bis die Arme brechen und daneben ein wenig Wettkampf. Diese Mischung war die gelungene welsche Version des Boulderplauschs und die ideale Antwort auf die sintflutartigen Regenfälle.

Die Suche nach trockenen Felsen schien einfach schier unmöglich. Zudem schwand allmählich die Hoffnung auf gute Bedingungen für Projekte im November. Deshalb folgte ich am 10. November ziemlich spontan der Einladung zum CarnavalCassebrasContest in Neuenburg. Leider habe ich mich nicht genau mit dem Titel auseinandergesetzt weshalb ich ohne Kostüm angetreten bin. Schade! Dafür war ich der einzige Deutschschweizer welcher den Sprung über den Röstigraben wagte. Auch eine Verkleidung, oder nicht? Bereits wenige Minuten reichten um meine Freude für das Bouldern zu entfachen. Habe ich mich doch ein letztes Mal im Juni der Kunst von den kleinen Blöcken zugewandt. Ein wenig übermotiviert boulderte ich die ganze Zeit der fünfstündigen Qualifikation. Resultat war ein deutlicher erster Zwischenrang und müde Arme. Im Final warteten dann drei Boulder à nur vier Minuten. Bei zweien fehlte es mir ein wenig an Körpergrösse oder Kraftreserven. Gratulation zum Sieg des Lokals mit den Boreal-Retroschuhen. Gekonnt hatte er seine Reserven in der Qualifikation geschont. Mit dem dritten Rang konnte ich dann sehr gut leben da die Stimmung einfach genial war. Von dem Spirit könnten einige Veranstalter viel lernen. Und wenn am gleichen Abend in Ittigen der beste Austragungsort des Swiss Climbing Cups gekürt wird, kann ich mit einem Lächeln sagen dass der CarnevalCassebrasContest in einer anderen Liga spielte. Weiter so „nos amis“ Welsch!